Dr. Dr. Jens Holst, international consultant - health expert

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12.05.2019

Global Health: Öffentliche Gesundheit in Theorie und Praxis

Jens Holst
Global Health steht weit oben auf der internationalen politischen Agenda. Aus gesundheitswissenschaftlicher und -politischer Sicht ist diese Entwicklung so überfällig wie begrüßenswert. Allerdings weist das gängige Verständnis von Global Health Schwächen auf und wird den komplexen Herausforderungen nur teilweise gerecht. Vor allem mangelt es an der konsequenten Umsetzung der globalen Ansätze in der heimischen Politik, denn globale Gesundheit fängt zu Hause an. Zunehmende globale Ungleichheiten bestehen in Deutschland, Europa und der gesamten Welt. Kommerzialisierung bedeutet Ausgrenzung und damit zunehmende gesundheitliche Ungleichheit. Ohne geeignete politische Weichenstellungen und Politikkohärenz wird das Recht Aller auf Gesundheit schwerlich zu gewährleisten sein. Die Auswirkungen der Globalisierung erfordern eine Stärkung und verbesserte Abstimmung von öffentlicher Gesundheitsforschung und -praxis, denn letztlich ist Global Health die folgerichtige Weiterentwicklung von Public Health in der globalisierten Welt. Die deutsche Bundesregierung und insbesondere das Kanzleramt haben dem Thema Global Health in den letzten Jahren zwar zunehmende Aufmerksamkeit gewidmet, dabei aber bisher dem Schutz der Gesundheit der hier lebenden Menschen vor den Auswirkungen der Globalisierung und des Klimawandels vorrangige Bedeutung beigemessen. Das deutsche Engagement fur Globale Gesundheit muss sich letztlich aber an der Frage messen lassen, was Deutschland zum Schutz und zur Verbesserung der Gesundheit weltweit beitragen kann und was es tatsächlich dazu beiträgt. Während die Bundesregierung das Thema Globale Gesundheit mit beachtlichem Erfolg in der Außenpolitik einsetzt und dabei auf internationale Anerkennung stößt, spielt es innenpolitisch nur eine untergeordnete Rolle. Deutsche globale Gesundheitspolitik richtet den Blick in erster Linie auf andere, insbesondere auf einkommensschwächere Länder, und nicht auf die Herausforderungen in Deutschland.
Der in der Zeitschrift ASU Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin erschienene Beitrag Global Health: Öffentliche Gesundheit in Theorie und Praxis fordert einen intensiveren Austausch zwischen ÖGD und theoretischer Public Health benötigt die stärkere Einbeziehung der staatlichen Öffentlichen Gesundheitsdienste in die theoretische Öffentliche Gesundheitsforschung und -lehre ebenso wie gemeinsame Forschungsprogramme und die engere Verknüpfung von Lehre und Ausbildung im ÖGD. Das ist erforderlich, um interdisziplinäre gesundheitswissenschaftliche Erkenntnisse und Empirie nicht nur in die Praxis öffentlicher Gesundheitsvor- und -fürsorge, sondern auch in wirksame Politikberatung übertragen zu können. Dabei handelt es sich keineswegs um einen Automatismus, sondern es braucht aktive Umsetzung, Förderung und Gestaltung. Eine zunehmend globale Perspektive von Wissenschaft, Praxis und Politik im Bereich Öffentliche Gesundheit kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten.