Universelle Absicherung im Krankheitsfall steht zurzeit weit oben in der Entwicklungszusammenarbeit. Nachdem führende internationale Organisationen wie Weltbank, IWF und jahrzehntelang das hohe Lied vom Wirtschaftswachstum als Schlüssel zur Entwicklung gepriesen hatten, in dessen Folge sich alle Herausforderungen überwinden ließen, misst die internationale Gemeinschaft seit einigen Jahren der gesellschaftlichen Entwicklung und insbesondere der sozialen Absicherung wachsende Bedeutung bei. Beredte Beispiele für die zunehmende Bedeutung von universeller Absicherung im Krankheitsfall liefern der Weltgesundheitsbericht 2010 Health Systems Financing: The path to universal coverage der WHO und zuletzt der Bericht Right of everyone to the enjoyment of the highest attainable standard of physical and mental health, den der zuständige Sonderberichterstatter Anand Grover bei der 67. UN-Vollversammlung im Oktober 2012 in New York vorlegte.
Aber viele Staaten der Welt und insbesondere die armen Entwicklungsländer in Afrika, Asien und Lateinamerika werden auf absehbare Zeit kaum in der Lage sein, ihrer Bevölkerung die erforderliche Krankenversorgung zu bezahlbaren Kosten zur Verfügung zu stellen. In der zunehmend globalisierten Welt steht mittlerweile die Frage im Raum, ob die Weltgemeinschaft diese Länder bei ihrem Bemühen um soziale Absicherung im Krankheitsfall alleine lassen darf. Zwar ist Gesundheits- und Sozialpolitik letztlich überall weiterhin eine nationale Angelegenheit, aber diese Zuordnung erscheint angesichts transnationaler Produktionsketten und globalisierter Warenflüsse mehr als fragwürdig.
Doch wie lassen sich Solidarität und Subsidiarität auch auf internationaler Ebene erreichen, um den bedürftigen Ländern und den Bedürftigen in den Ländern Zugang zu sozialer Sicherung zu ermöglichen und gleichzeitig Willkür, Korruption und Abzockerei vermeiden? Die Antwort auf diese Frage ist alles andere als einfach. Aber die dringend erforderliche Globalisierung der sozialen Absicherung im Krankheitsfall braucht gangbare Ideen und Konzepte. Der vorliegende Beitrag im Sammelband „Global Social Protection – Moving from Charity to Solidarity“ beleuchtet Potenziale eines Risikostrukturausgleichs sowie nationaler und regionaler Kompensationsfonds als Vorlagen für ein globales System sozialer Absicherung; dabei zeigt sich, dass sowohl der deutsche Länderfinanzausgleich als auch die EU-Entwicklungsfonds wichtige Hinweise für den Aufbau eines solchen Systems liefern.
