Wachsender Kostendruck und die Forderung nach mehr „Eigenverantwortlichkeit“ lassen allerorten den Ruf nach höheren Selbstbeteiligungen von Patienten laut werden. Wirtschaftstheoretische Begründungen und die gefühlte Wahrnehmung vieler Ärzte scheinen für eine stärkere Steuerung der Inanspruchnahme des Gesundheitswesens zu sprechen, um der „Vollkasko-Mentalität“ und dem „moral-hazard“-Verhalten der Patienten entgegen zu wirken.
Umfangreiche internationale Erfahrungen mit Eigenbeteiligungen im Gesund-heitswesen unterstreichen nachdrücklich bestehende Zweifel an den theoretischen Begrün-dungszusammenhängen für die Anwendung von Patientenzuzahlungen. Mit Zuzahlungen im Krankheitsfall lässt sich nicht zwischen sinnvollen und überflüssigen Gesundheitsleistungen unterscheiden. Vielmehr gefährden sie die Gesundheit und die soziale Absicherung der Gesamtbevölkerung. Anstelle der angestrebten rationalen Steuerung des Inanspruchnahmever-haltens im Gesundheitswesen erzeugen Selbstbeteiligungen vor allem unerwünschte Effekte: Sie gefährden den Erfolg medizinischer Behandlungen, sie diskriminieren ältere und arme Patienten und sie sind mit der Gefahr verbunden, letztlich höhere Gesamtausgaben zu verur-sachen.
Schlussfolgerung: Patientenzuzahlungen verursachen beachtliche Fehlsteuerungen im Gesundheitswesen und erweisen sich unter Gesichtspunkten der klinischen Epidemiologie und der Versorgungsforschung als gesundheitsschädlich.
